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Berta Schneider

(23.06.1893 – 1966)

Berta Schneider wurde am 23. Juni 1893 geboren. Als gelernte Zahnarzthelferin fand sie eine Anstellung bei dem Zahnarzt Dr. Friedrich Schönemann in Chemnitz. Die beiden heirateten und führten fortan gemeinsam die Chemnitzer Zahnarztpraxis am Plan 3. Sie hatten zwei Kinder, eine Tochter namens Elfriede und einen Sohn namens Wolfgang. Da Friedrich mit einer Jüdin verheiratet war, wurde ihm 1935, nach dem Erlass der Nürnberger Gesetze, die Approbation aberkannt.

Am 15. September 1935 wurden auf dem NSDAP-Parteitag die „Nürnberger Rassegesetze“ verkündet. Die Nürnberger Gesetze bestanden aus verschiedenen Einzelgesetzen: „Reichsflaggengesetz“, „Reichsbürgergesetz“ sowie das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“.
Das Reichsflaggengesetz verbot den Jüdinnen*Juden das Zeigen der Reichsfarben (Schwarz-Weiß-Rot). Durch das „Reichsbürgergesetz“ und das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ wurde die jüdische Bevölkerung in Deutschland zu Menschen minderer Klasse und minderen Rechts erklärt. Sie wurden damit aus dem öffentlichen Leben und aus vielen Berufs-zweigen (Notare, Beamte, Ärzte, Rechtsanwälte) verdrängt. Es wurde damit rechtlich zwei Klassen von Bürger*innen geschaffen, die „arischen Reichsbürger“ und die „nichtarische Staatsangehörigen“. Fern jeder wissenschaftlichen oder religiös fundierten Lehre erschufen die Nationalsozialisten die Differenzierungen „volljüdisch“ (Abstammung von mindestens drei jüdischen Großeltern) und „halb-jüdisch“/“Mischling“ (Abstammung von zwei jüdischen Großeltern).

Das Gesetz verbot fortan auch Eheschließungen zwischen „Deutschblütigen“ und Jüdinnen*Juden; auch außereheliche Beziehungen wurden als „Rassenschande“ strafrechtlich verfolgt. Ehepartner*in- nen die bereits vor der Erlassung der Nürnberger Gesetze eine Ehe mit eine*r Jude*Jüdin geschlossen hatten, wurde eindringlich nahegelegt die Scheidung zu veranlassen.

Friedrich Schönemann ließ sich nicht von Bertha scheiden, weshalb ihm als Konsequenz die Approbation vom Reichsverband Deutscher Dentisten, Landesstelle Sachsen, am 14. September 1936 entzogen wurde.5 Fortan durfte er nicht mehr als Zahnarzt praktizieren.

Die ersten Deportationen von Jüdinnen und Juden aus Sachsen in die Arbeits- und Vernichtungslager begannen am 21.01.1942. An diesem Tag wurden 715 Personen von Chemnitz in das Rigaer Ghetto deportiert. Berta Schönemann, geb. Schneider, bekam am 10. Februar 1945 ihren Deportationsbescheid. Sie sollte am 14. Februar 1945 nach Theresienstadt gebracht werden. So heißt es in Bertas Dokument:

Seite 1
Schönemann, Berta geb. Schneider, geb. 23.6.1893, wohnh. In Chemnitz, Am Plan 3
Hat sich a, 13. Februar 1945 abends 19 Uhr für den für einen Arbeitseinsatz außerhalb Chemnitz abgehenden Transport mit der anseitig angegebenen Ausrüstung einzufinden. Staatl. Ak für Technik, Am Platz 1 Alten Garde 6/7 III. Zimmer 80.
Dieser Schein ist am Stellplatz vorzuzeigen.

Seite 2
Zu dem Arbeitseinsatz kann mitgenommen werden: Ein Koffer oder Rucksack mit Ausrüstungsgegenständen (kein sperrendes Gut) und zwar vollständige Bekleidung, Leibwäsche zum Wechseln, ordentliches Schuhwerk, Bettzeug mit Decke, Essgeschirr (Teller oder Topf) mit Löffel, Kennkarte als Ausweis; Verpflegung für drei Tage. Folgende Gegenstände dürfen nicht mitgenommen werden: Bares Geld, Wertpapiere, Devisen, Sparkassenbücher u.s.w, Schmuck jeder Art (Gold, Silber, Platin) mit Ausnahme des Eheringes.

Um der Deportation zu entgehen, brach Friedrich seiner Ehefrau Berta mit einem Hammer den Fuß. Der Vater von Bertas Schwiegersohn war Arzt und bescheinigte ihr daraufhin, dass sie nicht mehr transportfähig sei, was Bertha das Leben retten. Insgesamt wurden am 14. Februar 1945 insgesamt 56 Juden und Jüdinnen aus Chemnitz gebracht.
Berta, ihr Ehemann sowie ihre Kinder überlebten das NS-Regime. Friedrich verstarb am 18. Dezember 1965, nachdem Berta ihn einige Zeit gepflegt hatte. Berta verstarb am 18. Juli 1966 in Chemnitz.